Simone Lappert / Wurfschatten

Verlag: Metrolit
erschienen: 2.Auflage 2014
Seiten: 208
Kosten: 20,00 Euro

Klappentext: Ada ist jung, gerade mal 25 Jahre alt, aber sie hat nicht mehr lange zu leben, davon ist sie fest überzeugt. Nicht nur in ihren Träumen stirbt sie jede Nacht aufs Neue, auch tagsüber beherrscht sie diese Todesangst. Sie führt dazu, dass sie immer seltener ihre Wohnung verlässt und sich zunehmend isoliert – Freundschaften zerbrechen, ihre Karriere als Schauspielerin ist gefährdet. Um sie zu bändigen, unterhält sie ein Therapiezimmer. Dort bewahrt sie alle Ihre Ängste auf: von A wie Atomtod bis zu Z wie Zyste.
Diese fragile Konstruktion gerät ins Wanken, als ihr Vermieter, der schon seit Monaten auf sein Geld warten muss, sie nicht wie angedroht vor die Tür, sondern ihr stattdessen einen Untermieter in die Wohnung setzt: Juri, seinen Enkel, der in die Stadt gekommen ist, um die Goldschmiedewerkstatt seines verstorbenen Vaters fortzuführen. Zunächst ist Ada entsetzt, ein Fremder, der nicht nur eigene Spuren hinterlässt, sondern jeden ihrer Schritte beobachten kann. Doch mit der Zeit nähern die beiden sich an. Zaghaft entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die womöglich geeignet ist, die Angst zu zügeln und Ada ins Leben zurückzuführen.
Was wenn die Angst das Leben verhindert? Simone Lappert erzählt in Wurfschatten die Geschichte einer jungen Frau, die äußerlich funktioniert und innerlich zu zerbrechen droht. Behutsam und nie denunzierend nähert Lappert sich ihrer Protagonistin, und erzählt von den tragischen wie den komischen Momenten ihres ins Stocken geratenen Lebens.

Sie misstraute diesem Pochen, musste ihm hinterherspüren wie einem Fisch unter Wasser, der entwischte, sobald sie ihm zu nahe kam, und sie zuckte zusammen, wenn das Pochen verstummte für einen Moment, und setzte sich auf, damit sie es nicht im Kissen hörte, es nicht überwachen musste. Aber zu Sicherheit fasste sie sich doch an den Hals und drückte den Finger fest auf die pulsierende Schlagader.

Eigene Meinung: Kennt ihr das, wenn man irgendetwas ungewöhnliches am Körper entdeckt und dann nach Symptomen googelt? Echt keine gute Idee,sag ich euch. Ada hat furchtbare Ängste auszustehen. Die Autorin beschreibt die Hypochondrie von Ada so wortgewaltig, das mir mehrmals der Atem stockte.
Man kann förmlich den Herzschlag hören, wenn sie ihr Stetoskop an ihre Brust hält um zu kontrollieren ob ihr Herz noch schlägt. Die nächtlichen Panikattacken sind so real geschrieben, das man die Wände auf sich zurasen sieht.

„Wenn da nicht plötzlich dieses Stechen gewesen wäre, aufdringlich und pulsierend, ein Stück unterhalb ihrer Kniekehle. Wenn nicht Verzweiflung sie gepackt hätte, weil sie wusste,das sie diesen Stechen nicht würde ignorieren können, weil sie wusste, was jetzt kam und nichts dagegen tun konnte, sie war machtlos gegen die aufkommende Vorstellung, dass dieses Stechen ihr Leben bedrohte, gegen ihre Einbildungskraft, die sich offenbar auf ihre Vernichtung spezialisiert hatte.“

Das Schlimme ist, das Ada sich nicht helfen lassen will, obwohl sie weiß, wie es um sie steht. Sie schämt sich für ihr Therapiezimmer und für die Kontrollverluste. Ihre Krankheit lässt sie schnell vereinsamen. Es ist schrecklich ihr dabei zuzusehen wie sie die Krankheit immer mehr gefangen nimmt und ihr das Schöne am Leben verwehrt bleibt.
Als Juri bei ihr einzieht, fällt ihre Fassade in sich zusammen. Sie kann ihre Ängste nicht mehr verstecken.
Juri ist so ein toller Protagonist und hat mir manchmal wirklich sehr leid getan, wie Ada ihn behandelt. Er ist gutmütig und hilfsbereit und scheitert doch sehr oft. Auch er und die bezaubernde Nachbarin Maria haben ihre Geheimnisse und Ängste die bewältigt werden müssen.
Ein sehr gelungener Debütroman der sich mit einer Krankheit beschäftigt, die ich jetzt besser verstehe und nachvollziehen kann. Außerdem der Umgang mit Trauer und Erfolgsdruck sind der Autorin stilistisch sehr gut gelungen. Das Verarbeiten von Verlustsängsten, sowie die Tatsache das wir unbedingt in unserem Leben einen Menschen brauchen der uns in aussichtslosen Lebenslagen auffängt kommt im Buch sehr gut zur Geltung.

 

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